In ein Wespennest voll von interessanten Ideen und unbehaglich deutlicher Kritik hat die Gütersloher CDU mit ihrem Antrag auf Erarbeitung eines Entwicklungskonzeptes für den Stadtteil Blankenhagen gestoßen. Diesen Eindruck vermittelte laut eines Berichts des CDU-Ortsverbandes Gütersloh jedenfalls das jüngste Bürgergespräch der Christdemokraten, dass sich auf dem zum Ortsteil gehörenden Meierhof Rassfeld um Gegenwart und Zukunft Blankenhagens drehte.
Heiner Kollmeyer (r.) Konnte viele Ideen für –und Kritik an Blankenhagen notieren. Zum Bürgergespräch auf dem Meierhof Rassfeld hatte Vorsitzende Marita Fiekas (l.) eingeladen. Im Hintergrund Inge Holthöfer und Meierhof-Chef Friedrich Wilhelm Haver. Mehrere Dutzend Blankenhagener saßen auf dem idyllisch gelegenen Hof in der urig edlen Deele und diskutierten über Ärztemangel, Probleme mit Tönnies-Arbeitern, die Integration von Migranten, den Preisverfall bei Immobilien, Wegzug von Familien, Image verbessernde Baugebiete, die gute Infrastruktur und gar einen zukünftigen Kultstatus für den grünen Stadtteil im Norden von Gütersloh.
Gut 3400 Menschen zählt die Statistik als Einwohner Blankenhagens (ohne die Angehörigen der britischen Streitkräfte). Um die 5000 müssten es nach gängiger Facheinschätzung sein, damit hinreichend „einzelhandelsrelevantes Kaufkraftpotenzial“ vorhanden ist, wie es im Gütersloher Einzelhandels- und Zentrenkonzept heißt. Dass man dorthin auch nicht mit den neu im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Baugebieten komme, rechnete Heiner Kollmeyer vor. Der CDU-Bürgermeisterkandidat und Vorsitzende des Planungsausschusses hatte die Moderation des Bürgergesprächs übernommen.
Vor falschen Versprechungen und Selbstbetrug warnte angesichts der Zahlen Pfarrer Fritz Stegen. „Wenn hier nicht genug Menschen leben, dann kann man eben manche Dinge nicht anbieten“, sagte der bis zu ihrer Schließung für die Blankenhagener Jakobuskirche zuständige Geistliche. Mit mehreren Kindergärten, der Grundschule und sehr guten Busverbindungen habe der Ortsteil aber noch eine ausgezeichnete Infrastruktur.
In der vermissten viele der anwesenden Bürger allerdings eine Arztpraxis. Dass es noch nicht gelungen sei für die ehemals von Dr. Beck geführte Praxis Ersatz zu finden, bedauerte auch die Vorsitzende des Blankenhagener Bürgervereins, Ursula Höffer.
Deutlichere Töne schlug dann ein Bürger nach seinem Bericht über „katastrophale Zustände“ in den Hochhäusern an der Leipziger Straße an, wo 200 rumänische Leiharbeiter der Tönnies-Schlachterei wohnen. „Blankenhagen muss man nicht schlecht reden – Blankenhagen ist schlecht“, formulierte der Mann und berichtete über Immobilien, die sich „in Blankenhagen nur unter Kurs“ verkaufen lassen, von Familien, „die weg ziehen, weil es hier immer schlimmer wird“ und von massenweise leerstehenden Wohnungen in der Görlitzer Straße. „Das könnte das nächste Tönnies-Wohnheim werden.“
Für diese düstere Zustandsbeschreibung gab es den ersten spontanen Beifall des Abends. Und Pfarrer Stegen bestätigte die Aussagen mit dem Satz: „Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen.“ Das lasse sich alles gut wahrnehmen, aber schlecht ändern, sagte der Kirchenmann und schlug trotzdem gleich ein ganzes Paket von Maßnahmen vor: Eine Bildungsoffensive könnte hier beispielhaft für Integration mit besonders kleinen Gruppen in Kindergärten und Schule beginnen. „Geben wir Blankenhagen Kultstatus“, visionierte Stegen. Über Mietzuschüsse und öffentlich gefördertes Bauland ließen sich bauwillige Russlanddeutsche ansiedeln. „Vielleicht sollten wir den Stadtteil zu einem reinen Ausländerviertel entwickeln?“, fragte der Pfarrer. Eine Idee, der CDU-Ortsverbandsvorsitzende Marita Fiekas allerdings umgehend eine Absage erteilte und als Aprilscherz verstanden haben wollte.
Heiner Kollmeyer notierte noch so manchen Vorschlag und Wunsch – hatte der Bürgermeisterkandidat doch zu Beginn gesagt: „Wir wollen ganz viel von ihren Meinungen und Anregungen mitnehmen!“ Dazu gehörten Wünsche von Elke Krümpelmann von der Sozialraumbetreuung nach stärkerer Unterstützung für die Jugendarbeit und zwei zusätzlichen Räumen. Dazu gehörte auch die Idee seines Ratskollegen Gerhard Piepenbrock, die Baugebiete als Gartensiedlungen zu entwickeln. Und Piepenbrock, der maßgeblich für den CDU-Antrag zur Erarbeitung eines Entwicklungskonzeptes verantwortlich ist, formulierte auch den Auftrag an Bürger, Politik und Verwaltung: „Blankenhagen ist das, was wir daraus machen.“