Haushaltsrede 2024 der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Gütersloh

Erfahren Sie mehr über unsere Position zum Haushalt 2024. Die CDU ist gegen die Erhöhung der Grundsteuer und der Gewerbesteuer. Stattdessen fordern wir eine konsequente Priorisierung mit dem Fokus auf Investitionen sowie eine effiziente Verwaltung.

Liebe Mitglieder der Verwaltung, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne hier im Ratssaal und digital zugeschaltet im Livestream:

2024 findet die Fußballeuropameisterschaft der Herren in Deutschland statt. Viele wünschen sich das Sommermärchen von 2006 zurück. Eine unbeschwerte Zeit mit einem starken Gemeinschaftsgefühl, einer mitreißenden Mannschaft und einem packenden sportlichen Wettkampf.

Lassen Sie mich dieses Bild mit einer Frage verbinden:

Was haben eine erfolgreiche Fußballmannschaft und eine erfolgreiche Stadtentwicklung / Stadtverwaltung gemeinsam?

Nun kann man sicherlich einige Beispiele finden, wie z.B. ein starkes Teamgefüge, eine positive und konstruktive Kommunikation, eine klare Rollenverteilung und vieles mehr, auf die ich an dieser Stelle gar nicht im Einzelnen eingehen, sondern mich auf einen zentralen Aspekt fokussieren möchte: Einen guten Trainer / eine gute Trainerin, der / die weiß, wie man ein Team durch schwierige Spiele führt, denn wie sagte schon einst Helmut Schmidt „In der Krise beweist sich der Charakter.“ Und genau wie unsere Nationalmannschaft vor einiger Zeit ist Gütersloh aktuell eine Mannschaft ohne Trainer.

Eine Situation, die zur Unzeit kommt. Wir befinden uns in einer Gemengelage aus nationalen Herausforderungen und nie dagewesenen geopolitischen Krisen. Wir bewegen uns in einem unruhigen Gesamtumfeld. Die Corona-Pandemie wurde vom Ukrainekrieg abgelöst und stellt vor allem unsere Wirtschaft vor große Herausforderungen: hohe Energiepreise, fehlender Zugang zu qualifizierten Fachkräften, eine enorme Steuerlast für Unternehmen und jede Menge Bürokratie. All das schmälert die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland. In der Folge verlagern Unternehmen mindestens Teile ihre Produktion, Miele als eines der Top-Unternehmen dieser Region steht dafür beispielhaft mit deutlichen Konsequenzen für die Stadt Gütersloh und dessen finanzielle Entwicklung.

Ich zitiere ein paar wesentliche Eckdaten aus dem Gütersloher Haushalt 2024. Wir sprechen über ein Haushaltsvolumen im Aufwand von mehr als 400 Mio. €, absoluter Rekord. Dem gegenüber stehen Erträge von etwa 355 Mio. EUR.  Wir sprechen demnach in 2024 von einem geplanten Fehlbedarf von über 50 Mio. EUR – auch das, absoluter Rekord im negativen Sinne. Und vor allem das alles vor dem Hintergrund eines Defizits von über 23 Mio. € in 2023. Bereits im letzten Jahr – ich erinnere an unsere Haushaltsrede – haben wir als CDU-Fraktion gesagt „das Pflaster, dass wir für 2023 auf die Haushalts-Wunde kleben, darf nicht den Eindruck einer dauerhaften Heilung erwecken.“ Und was zeigt sich in diesem Jahr: Die Wunde klafft größer denn je!

Noch nie war Gütersloh in einer derart herausfordernden Lage, noch nie war es wichtiger, strategisch kluge Entscheidungen zu treffen und noch nie war es bedeutsamer, dafür an der Stadtspitze eine Person zu haben, die klare Strategien, Ziele und Prioritäten vorgibt, denn:

Ein erfolgreicher Trainer ist Spielstratege, Führungskraft, Teamentwickler, Konfliktmanager und Ansprechpartner für Sponsoren sowie Medien. Eigentlich würde man derlei Kompetenzen in der Person eines Bürgermeisters als Stadtoberhaupt verorten, in der aktuellen Lage mehr denn je, nun durften wir allerdings in den zurückliegenden Monaten erfahren, dass das Gegenteil der Fall war und ist: statt Spielstratege, Führungskraft und Teamentwickler Alleingänge, Spaltung, Disziplinarverfahren und ich könnte die Liste weiter fortführen. Das alles schadet der Stadt! Das schadet dem Ansehen von Gütersloh! Das schadet der langfristigen erfolgreichen Entwicklung.

An dieser Stelle sei eingeschoben: Ein Lob an die Mannschaft, die auch mit dem Totalausfall des Trainers die Stadt bisher relativ souverän auf dem Spielfeld vertreten hat. Gütersloh rangiert im Ranking der innovativsten Städte in OWL nach wie vor auf Platz eins, jedoch mit stark nachlassender Tendenz. Das muss uns wachrütteln, sollten wir doch alles dafür tun, Gütersloh weiterhin oben in der ersten Liga mitspielen zu lassen und nicht durch falsche Entscheidungen den Abstieg riskieren.

In jedem Fußballspiel gibt es eine zweite Halbzeit, in der sich neue Chancen und Möglichkeiten ergeben, gleiches gilt für uns. Denn nach wie vor sprechen wir von Gütersloh als eine Stadt, in der es sich sehr gut leben lässt. Hier gibt es viele hervorragend aufgestellte Firmen in Industrie und Handwerk, Handel und Dienstleistung, die attraktive Arbeitgeber sind, die für attraktive Arbeitsplätze sorgen und wo gutes Geld verdient wird. Die positive Konjunkturlage und robuste Wirtschaft in den zurückliegenden Jahren hat auch zu hohen Gewerbesteuereinnahmen geführt. In den letzten Jahren haben wir sagen können, Gütersloh hat ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem. Aufgrund der schwierigen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung steigt der Druck auf die Einnahmenseite nun ebenfalls stark an. Die als fast selbstverständlich angesehenen Gewerbesteuerzahlungen auf einem hohen Niveau haben oftmals die Notwendigkeit vergessen lassen, dass diese Einnahmenseite auch intensiv zu pflegen ist. Passiert ist hingegen das Gegenteil: immer weitere Belastungen und Hürden (Stichwort Sumpfeiche), wenig wirtschaftsfreundliche Entscheidungen und keine wirklich aktive Gewerbeflächenentwicklung zur Ansprache interessierter Investoren. Dabei erfordert unser politischer Gestaltungswille genau dies, wir benötigen Gewerbesteuereinnahmen als Grundlage für städtische Investitionen. Investitionen in die wirklich wichtigen Themen unserer aller Zukunft – Bildung, Umwelt- und Klimaschutz sowie Digitalisierung.

Wir als CDU-Fraktion haben vermutlich noch nie so sehr mit uns gerungen wie in diesem Jahr, wie wir mit der überaus schwierigen Haushaltssituation umgehen. Die finale Entscheidung ist erst sehr kurzfristig gefallen: Wir werden den Haushalt in der eingebrachten Form ablehnen. Vor allem aus folgenden Gründen:

 

1. Noch weitere Belastungen aller Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen sind in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten nicht tragbar. Sollten die Steuern durch die Mehrheiten anderer Fraktionen erhöht werden, fordern wir schon jetzt die perspektivische Senkung, sobald es die Gesamtsituation wieder zulässt. Die anderen Fraktionen machen es sich an dieser Stelle zu einfach. Steuererhöhungen dürfen in allen Fällen immer nur die letzte Option sein.

2. Wir haben in den vergangenen Wochen und Monaten intensiv über mögliche Sparansätze diskutiert. Uns ist bewusst, dass Einsparungen immer mit schmerzhaften Entscheidungen einhergehen. Doch der Beschluss von Steuererhöhungen gekoppelt mit zusätzlichen haushalterischen Belastungen für freiwillige Leistungen, z.B.  ein kostenloses Schülerticket, offenbaren einen nicht vorhandenen Sparwillen und zeigen aus unserer Sicht falsche Prioritäten. Dabei geht es nicht einmal um die Beurteilung beziehungsweise um ein Hinterfragen der Sinnhaftigkeit der hier als Beispiel genannten Ausgabe. Inhaltlich gibt es für das Schülerticket viele gute Argumente. Doch genau solche Aktionen und Herangehensweisen zeigen, dass es auch in der Konsolidierungsphase nie um wirkliche Einsparungen ging und der Ernst der Lage nach wie vor nicht erkannt ist.

3. Ein weiterer Punkt, der uns zu der Ablehnung führt, ist der fehlende Fokus auf die Pflege der Einnahmenseite. Schon fast vorwurfsvoll wurden die stark rückläufigen Entwicklungen der Gewerbesteuern von einzelnen Fraktionen aufgenommen. An dieser Stelle brauchen vor allem Unternehmen in der aktuellen Zeit Planungssicherheit. Planungssicherheit, die man nicht ausstrahlt, wenn es bei sinkenden Einnahmen zuallererst an die Hebesätze der Gewerbesteuer geht, auch, wenn es jetzt letztlich „nur“ eine geringe Erhöhung gibt.

4. Darüber hinaus möchten wir den Fokus auf den globalen Minderaufwand in 2024 legen. Ein Rechentrick, der für die Finanzierung freiwilliger Leistungen einstehen soll und dass, obwohl die Verwaltung bereits in ihrem eingebrachten Vorschlag deutlich machte, dass diese global kalkulierte Einsparung in 2024 nicht realistisch ist.

 

Wir als CDU-Fraktion haben bereits im Oktober 2023 anklingen lassen, dass wir uns die Erstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes für die nächsten 10 Jahre bereits ab 2024 vorstellen könnten. Insbesondere durch   viel zu langsam vorangetriebene Haushaltskonsolidierungsgespräche seitens der Verwaltung waren bereits 6 Monate ergebnislos verstrichen. Ja, viele Entscheidungen haben wir in den letzten 3 ½ Jahren mitgetragen, viele aber eben auch nicht.

Die aktuelle politische Mehrheit aus Bündnis 90/Grüne, SPD und BfGT waren in dieser Zeit oft in einer Allianz unterwegs, bei der wir mit unseren mahnenden Worten zu den Kosten der Beschlüsse kein Gehör fanden.

Werfen wir noch einen Blick auf den Stellenplan. Mittel- und langfristig muss auch die Verwaltung mit weniger personellen Ressourcen auskommen. Digitalisierung und Prozessoptimierung sind wichtige Themen, die es zu verfolgen gilt. Vor allem hier müssen sich getätigte Investitionen auch finanziell auf einer reduzierten Kostenseite bemerkbar machen.

Wir werden also heute dem Stellenplan in Gänze zustimmen und würdigen ausdrücklich, dass die Verwaltung im Rahmen des Arbeitskreises – Haushaltskonsolidierung von den ursprünglich angemeldeten über 95 Stellen nur die gesetzlich vorgeschriebenen und darüber hinaus einige absolut notwendige vorgeschlagen hat.

Kurz- bis mittelfristig sollte nach Vorstellung der CDU – Fraktion als weiterer Konsolidierungsbeitrag der Personalbestand des Jahres 2023 zumindest festgeschrieben werden.

Wie das konkret umgesetzt werden kann, lässt sich an Beispielen von Kommunen, die Erfahrungen mit der Haushaltssicherung gemacht haben, beispielhaft sei hier die Stadt Rostock zu nennen, ablesen und sollte zu gegebener Zeit auch bei uns konkret diskutiert werden.

Werte Kolleginnen und Kollegen, Gütersloh steht vor großen Herausforderungen. Dennoch sind wir der festen Überzeugung, dass wir gemeinsam mit einer Neuaufstellung an der obersten Stadtspitze, mit einem sehr gut aufgestellten Team aus Beigeordneten und Dezernenten und mit den motivierten und engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gemeinsam sachorientiert an dem Wohl unserer Stadt arbeiten. Schwierige Themen, wie zum Beispiel unser endgültiges Verhalten zum Erwerb des Mansergh Quartiers oder zum Postareal bzw. Entwicklung Kaiserstraße werden uns noch gemeinsam viel Kopfzerbrechen bereiten.

Unser Dank gilt wie immer allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Verwaltung für die Unterstützung bei den herausfordernden und intensiven Gesprächen und Haushaltsplanberatungen.

Unserem neuen Kämmerer, Herrn Könnecker, hätten wir persönlich ein deutlich erfreulicheres Zahlenwerk zu seinem Einstand gewünscht – leider ist dies nicht eingetreten, aber auch Ihrem Einsatz gebührt an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön.

Somit schließt sich der Kreis unserer diesjährigen Haushaltsrede der CDU mit dem Zitat:

“Ein Fußballspiel gewinnt man nicht allein, sondern als Team.” Lassen Sie uns dieses Team mit einem „Ja“ für Gütersloh neu aufstellen.

Vielen Dank!

Heiner Kollmeyer Ina Laukötter
Fraktionsvorsitzender Finanzpolitische Sprecherin