Über den Verkauf der Gütersloher Traditionsbuchhandlung an die Aachener Buchhandelskette berichten das "Westfalen-Blatt", "Die Glocke" und die "Neue Westfäliche" wie folgt:
Foto NW, mit Text: Buchhändler unter sich: Während Dr. Hartmut Falter (r.) mit seiner 23. Filiale in der Gütersloher Fuhrmanns- gasse nach vorne schauen kann, blickt Folkert Roggenkamp, dessen weiteres Engagement noch offen ist, skeptisch. Fotos: Vornbäum "Westfalen-Blatt": Nach 114 Jahren ist Schluss - »Mayersche« übernimmt Buchhandlung Osthus und die Mitarbeiter Von Michael Delker - Gütersloh (WB). Nach 114 Jahren wird die Buchhandlung Osthus in der Königstraße ihre Pforten schließen. Nach monatelangen Verhandlungen unterschrieb Geschäftsführer Folkert Roggenkamp gestern den Verkaufsvertrag. Neuer Besitzer ist die Mayersche Buchhandlung (Aachen), die im Oktober eine neue Filiale am Berliner Platz eröffnen wird.
Osthus wird sowohl das Stammhaus als auch das Buch-Medien-Haus am Kolbeplatz im Oktober schließen. Die 24 Mitarbeiter werden von der Mayerschen Buchhandlung komplett übernommen. Noch offen ist, wie künftig die Immobilien genutzt werden. Nach Angaben von Folkert Roggenkamp gibt es bereits Anfragen für das Ladengeschäft in der Königstraße (450 Quadratmeter) als auch für den Standort am Kolbeplatz (650 Quadratmeter). Beide Immobilien befinden sich in Familienbesitz.
Es war Roggenkamp gestern anzumerken, dass ihm der Verkauf nicht leicht gefallen ist. Der 41-Jährige begründete seine Entscheidung mit dem gesättigten Markt in Gütersloh. Weil die Mayersche Buchhandlung in der ehemaligen Fuhrmannsgasse eine neue, 1200 Quadratmeter große Filiale eröffnet, habe eine deutliche Schieflage gedroht. Das Risiko, im Konzert der Großen unterzugehen, wollte Roggenkamp seinen Mitarbeitern nicht zumuten. Neben der Mayerschen Buchhandlung, der drittgrößten in Deutschland, gibt es in Gütersloh noch die Filiale von Weltbild, den Club Bertelsmann, drei unabhängige Buchhändler und - nicht zu vergessen - den Verkauf des hauseigenen Sortiments für die Mitarbeiter des Bertelsmann-Konzerns. »Die persönlichen Befindlichkeiten des Inhabers dürfen bei der Führung eines Unternehmens keine Rolle spielen. In einem übersättigten Markt weiterzumachen, wäre gegenüber den Mitarbeitern nicht seriös gewesen«, sagt Roggenkamp. Ob der Gütersloher künftig innerhalb der »Mayerschen« eine Führungsposition einnimmt, ist noch nicht geklärt. »Wir befinden uns in Gesprächen«, berichtet Dr. Hartmut Falter, der geschäftsführende Gesellschafter der Buchhandelskette. Diese investiert zwei Millionen Euro in den Gütersloher Standort. Unter anderem soll in der ersten Etage ein Café eingerichtet werden. Falter fühlt sich nach eigenen Angaben »dem Geist der Buchhandlung Osthus verpflichtet«. Der Name bleibt deshalb erhalten. Die neue Filiale trägt den Namen »Mayersche Buchhandlung Osthus«.
- Osthus -
Die Ursprünge der Buchhandlung liegen in einem ehemaligen Barbierladen. Um eine mögliche Ansiedlung der Konkurrenz zu verhindern, warb der Inhaber im Jahr 1893 den Buchbindermeister Wilhelm Osthus als seinen Nachfolger in der Königstraße 2 an. Verkauft wurden damals - Gütersloh zählte 6230 Einwohner - weniger Bücher als vielmehr Papier- und Schreibwaren. Kurz nach 1900 kauften Willi und Luise Osthus, geb. Roggenkamp, das Grundstück Königstraße 10 für stolze 30 000 Goldmark.
Als erste Buchhandlung in Deutschland führte Osthus 1978 die EDV ein, alle Buchbestände wurden im Computer erfasst. Unter der Führung von Friedrich Roggenkamp wurde das Geschäft in den 80er und 90er Jahren stetig erweitert. 1996 stieg die vierte Generation in Person von Folkert Roggenkamp mit in die Unternehmensleitung ein. Mit dem 1999 eröffneten Buch-Medien-Haus am Kolbeplatz schuf Roggenkamp ein zweites Standbein in der Gütersloher Innenstadt. Das Ladengeschäft am Berliner Platz wurde im Jahr 2004 für 250 000 Euro umfassend renoviert.
"Die Glocke": Buchhandlungen verkauft - Osthus schließt, noch bevor die Mayersche öffnet Von Gerrit Dinkels Gütersloh (GL). Nach fast viermonatigen Verhandlungen ist am Ende das herausgekommen, was Branchenkenner von Anfang an vermutet hatten. Wenn die Mayersche Buchhandlung Anfang Oktober in der Gütersloher Fuhrmannsgasse öffnet, wird der größte unabhängige Buchhändler am Platz, Folkert Roggenkamp (41), zuvor seine Geschäfte, Osthus an der Königstraße und das Buchmedienhaus am Kolbeplatz, schließen. Alle 28 Mitarbeiter werden übernommen. Noch nicht geklärt ist, ob Roggenkamp auch Geschäftsführer der neuen „Mayerschen Buchhandlung Osthus“ wird.
„Der ohnehin überdurchschnittlich ausgestattete Gütersloher Buchkäufermarkt würde durch die zusätzliche Ansiedlung in eine deutliche Schieflage geraten“, erklärte Roggenkamp am Mittwoch, nachdem er den Vertrag über den Verkauf seiner Geschäfte mit Dr. Hartmut Falter, Inhaber der Mayerschen, unterzeichnet hatte. „Ich halte es für die beste Lösung, die wir in dieser Situation finden können.“
Er kenne Kollegen, die sich in einer ähnlichen Situation anders verhalten hätten und besser über ihren Schatten gesprungen wären. Aber wegen der besonderen Situation in Gütersloh und wegen der Mitarbeiter habe er dieses Risiko nicht auf sich nehmen wollen. Der größte Konkurrent am Ort sei ohnehin Bertelsmann mit dem Hausverkauf an die Mitarbeiter. Roggenkamp: „Das ist ein gewaltiger Umsatzbrocken, der in Richtung Haussortiment abfließt.“ Außer den drei unabhängigen Buchhandlungen Heitmann, Eckart und Markus müsse man überdies Weltbild, die Bertelsmann-Club-Filiale sowie Karstadt und die Bahnhofsbuchhandlung als Wettbewerber berücksichtigen. Und selbst Gartenmärkte böten heute Gartenbücher an.
Auch Falter bezeichnete Gütersloh wegen Bertelsmann gestern als ein besondere Stadt und eine große Herausforderung. Es sei sinnvoll, die Kräfte auf einer Fläche zu bündeln. „Wir sind keine seelenlose Kette, sondern leidenschaftliche Buchhändler“, sagte Falter. „Wir wollen das gute Image, das wir mitbringen, ausbauen.“ Die Mayersche ist nach Weltbild und Thalia mit einen gewissen Abstand die Nummer drei in Deutschland. Das 190 Jahre alte Familienunternehmen aus Aachen betreibt in Nordrhein-Westfalen Filialen an 22 Standorten und beschäftigt 900 Mitarbeiter sowie an die 100 Auszubildende. Gleichwohl: „Wir können nicht aus dem Stand 20 bis 30 Buchhändler mitbringen“, so der Geschäftsführer. Daher werden Roggenkamps Mitarbeiter zu den bisherigen Konditionen übernommen. Gütersloh ist der erste Standort in OWL. Die Verkaufsfläche an der in der Fuhrmannsgasse beträgt 1200 Quadratmeter. Im ersten Obergeschoss soll ein Café mit bis zu 35 Plätzen integriert werden. Das Sortiment soll alle Bereiche von Osthus und des Buchmedienhauses abdecken.
Die Immobilien an der Königstraße und am Kolbeplatz befinden sich im Besitz der Familie Roggenkamp. Die Ladenlokale sollen vermietet werden. Der erste Makler habe sich bereits im Januar gemeldet, als bekannt wurde, dass die Mayersche nach Gütersloh kommt.
Folkert Roggenkamp betreibt die 1893 gegründete Buchhandlung Osthus in vierter Generation. Das Stammhaus an der Königstraße (450 Quadratmeter Verkaufsfläche) wurde vor drei Jahren noch umgebaut und mit einer neuen Fassade versehen. 1999 kam das Buchmedienhaus am Kolbeplatz hinzu mit einer Fläche von 650 Quadratmetern. Die vergangenen Wochen seien für ihn, seine Familie und die Mitarbeiter nicht leicht gewesen, sagte Roggenkamp, der schon als Kind nach Feierabend in der Buchhandlung gespielt hatte („Da hängt ein Leben dran“). Seine eigene Zukunft ließ der 41-jährige Vater zweier Kinder (1,5 und 6 Jahre) offen. „Wir sind darüber im Gespräch“, sagte Roggenkamp zum Geschäftsführerposten bei der Mayerschen, „aber es ist noch nichts entschieden“. Falter: „Wir würden das gerne sehen, aber das muss Herr Roggenkamp entscheiden.“ Er könne ja auch nicht alle Lebensentscheidungen auf einmal treffen, sagte Roggenkamp. Er werde gewiss in der Branche bleiben, aber es sei eher unwahrscheinlich, dass er im unabhängigen Buchhandel lande.
"Neue Westfälische": Osthus klappt das Buch zu - Ende einer 114-jährigen Firmengeschichte / Konkurrent Mayersche übernimmt Von Ludger Osterkamp - Gütersloh. Gesellschaftsroman? Sachbuch? Stadtgeschichte? Ließe sich ein Autor über das aus, was gestern in der Gütersloher Innenstadt verkündet wurde, könnte der Buchhändler das Werk in vielen Regalen einsortieren. Am treffendsten aber wäre es in folgender Rubrik platziert: Wirtschaftskrimi.
Nicht dass mit kriminellen Methoden gearbeitet worden wäre. Nur mit harten Bandagen. Die Buchhandlungen Osthus am Berliner Platz und das Buch-Medien-Haus am Kolbeplatz, so das Ergebnis langen und zähen Ringens, werden im Herbst schließen, kurz darauf eröffnet in der dann zugebauten Fuhrmannsgasse ein neues Haus mit dem Namen „Mayersche Buchhandlung Osthus“. Dieses Vertragsabkommen unterzeichneten gestern Folkert Roggenkamp (41), Inhaber von Osthus, und Dr. Hartmut Falter (42), geschäftsführender Gesellschafter der Mayerschen.
Für die neue Buchhandlung in 1a-Lage am Berliner Platz gibt Osthus nicht nur seinen Namen, sondern auch seine 24 Mitarbeiter. „Wir werden alle Beschäftigten mit ihren Rechten und Pflichten unbefristet übernehmen“, sagte Falter. Er sei froh, auf derart qualifiziertes Personal zurückgreifen zu können. Ob auch Roggenkamp selbst dazu gehört, blieb offen. „Darüber laufen noch Gespräche“.
Für Roggenkamp, der Osthus im 114. Jahr und in vierter Generation leitet, ist das Abkommen mit der Mayerschen „die beste Lösung, die wir finden konnten.“ Für ihn seien die vergangenen Monate nicht leicht gewesen. In Gütersloh, laut eines Handelsgutachtens und wegen des Firmenverkaufs bei Bertelsmann ohnehin mit Büchern überversorgt, wäre ein extremer Verdrängungswettbewerb eingetreten. „Das hätte ich nicht verantworten können“, sagte Roggenkamp. Erfahrungen aus anderen Städten zeigten, dass jene, die versuchten, sich einem übermächtigen Konkurrenten zu stellen und in den Überlebenskampf einträten, zwar ehrenwert handelten, aber meistens den Kürzeren zögen. „Mir kam es darauf an, eine Lösung für die Mitarbeiter zu finden, und das ist jetzt geschafft“, sagte Roggenkamp. Die persönlichen Befindlichkeiten des Unternehmers halte er in solchen Fällen für zweitrangig. Im September, spätestens Oktober, werde er seine beiden Läden schließen. Über eine Folgenutzung sei noch nicht entschieden. Beide Häuser sind in seinem Besitz.
Falter versicherte gestern, er fühle sich dem guten Geist bei Osthus sehr verbunden. „Das ist mir wichtig. Wir sind keine seelenlose Krake, wir sind leidenschaftliche Buchhändler.“ Er garantiere den Gütersloher Kunden ein hohes Niveau und versprach, sich für Leseförderung und eine örtliche und kulturelle Anbindung stark zu machen.
Laut Falter investiert die Mayersche in ihren Standort in der Fuhrmannsgasse knapp zwei Millionen Euro. Es bedürfe in der Buchbranche langfristiger Planung („Wir denken da in Zehn-Jahres-Zeiträumen“), um derlei Investitionen schultern zu können. Die „Mayersche Buchhandlung Osthus“ werde auf zwei Ebenen über eine Verkaufsfläche von 1.200 Quadratmetern verfügen – 100 mehr als die beiden Niederlassungen von Osthus zusammen.
In der ersten Etage sei ein Café mit Blick auf den Berliner Platz und etwa 30 bis 35 Plätzen geplant. Dort würden auch Veranstaltungen angeboten.
Die Mayersche
- Die Mayersche Buchhandlung -
1817 von Jakob Anton Mayer in Aachen gegründet und seither in Familienbesitz, betreibt in NRW 22 Buchhandlungen. Hinter Weltbild und Thalia (Tochter von Douglas) ist die Mayersche damit die Nummer drei im deutschen Buchmarkt. In diesem Jahr wurden bislang Buchhandlungen in Dortmund und Neuss übernommen. Neben Gütersloh soll demnächst eine weitere Filiale in Ostwestfalen eröffnen, kündigte Hartmut Falter an. Die Mayersche, die für sich den Anspruch erhebt, an ihren Standorten stets das erste Haus am Platz zu sein, beschäftigt 900 Mitarbeiter und etwa 100 Auszubildende. (ost)