CDU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus im Gespräch mit "Neuer Westfälischer" und "Die Glocke" - Neue Töne, neue Personen, alte und neue Ziele (04.08.07)

Im Juli veröffentlichten die "Neue Westfäliche" und "Die Glocke" jeweils ein umfangreiches Interview mit dem neuen CDU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus. Nachfolgend finden Sie die Veröffentlichungen in ungekürzter Form:

â€NEUE WESTFÄLISCHEâ€:
„Heiner Kollmeyer ist Unger plus Mehrwert“ - DAS INTERVIEW: Ralph Brinkhaus, seit rund 100 Tagen Fraktionsvorsitzender der CDU im Rat der Stadt Gütersloh

Gütersloh. Vor drei Jahren ist Ralph Brinkhaus für die CDU in den Rat eingezogen. Der 39-jährige Steuerberater fiel sofort durch einen forschen Ton und flotte Reden auf. Gern sucht er die Auseinandersetzung mit der SPD-Fraktion, dem Ersten Beigeordneten, Klaus Wigginghaus, und Bürgermeisterin Maria Unger. Vor rund 100 Tagen wählte die CDU-Fraktion Brinkhaus zum Fraktionsvorsitzenden, der damit Rudolf Bolte ablöste. Stefan Brams sprach mit Brinkhaus über den kommenden Wahlkampf, den politischen Streit und die ersten 100 Tage als Fraktionsvorsitzender.
Interviewseite der Interviewseite der "Glocke", die wie die "Neue Westfälische" das Gespräch am 11. Juli veröffentlicht hatte.
Sie sind der Shooting-Star der CDU. Erst seit zwei Jahren im Rat und schon Fraktionsvorsitzender. Was treibt sie an?
RALPH BRINKHAUS: Ich will gestalten und etwas bewegen in dieser Stadt. Dafür stehe ich, dafür engagiere ich mich.

Mit ihnen ist ein schärferer Ton im Umgang mit den anderen politischen Fraktionen im Rat eingezogen.
BRINKHAUS: Ich stehe für einen deutlicheren Ton. Wir werden Versäumnisse zum Beispiel in der Verwaltung immer wieder dann ansprechen, wenn sie nicht abgestellt werden. Aber wir werfen der Bürgermeisterin nicht aus Selbstzweck Führungsschwäche vor.

Nun gibt es Menschen, die ihnen genau das vorwerfen, die Verwaltungsspitze sturmreif schießen zu wollen, um bessere Karten bei der Kommunalwahl 2009 zu haben. Geht es Ihnen nur um die Macht?
BRINKHAUS: Wir wollen eine starke Politik für diese Stadt machen. Wir hätten überhaupt kein Problem damit, einen starken SPD-Bürgermeister mitzutragen, wenn nicht nur ein Teil des Jobs gemacht würde.

Was meinen Sie damit?
BRINKHAUS: Frau Unger macht einen sehr guten Job im Bereich Repräsentation. Sie ist sehr umgänglich, sie ist sehr stark darin, auf Menschen zuzugehen, sie für sich und die Stadt zu gewinnen. Und wenn wir noch den klassischen Bürgermeister wie früher hätten, als es noch die Doppelspitze gab, dann hätten wir relativ wenig Grund an ihr Kritik zu üben. Aber das ist nur 40 Prozent der Arbeitsplatzbeschreibung. 60 Prozent ist halt Führung der Verwaltung und der Stadt. Und das füllt sie eben nicht aus. Sie sieht sich zu sehr als Bundespräsidentin und zu wenig als Bundeskanzlerin. Das ist das Problem.

Beispiele, bitte?
BRINKHAUS: Zum Beispiel beim Flächennutzungsplan, der ja in das Leben vieler Bürger eingreift, da habe ich Frau Unger in der Debatte überhaupt nicht wahrgenommen, da kenne ich ihre Position gar nicht. Ich erwarte, dass die Leiterin der Stadt Farbe bekennt und sagt, wo sie mit der Stadt hin will und auch dafür kämpft, diese Ziele durchzusetzen.

Sie haben mit den Grünen zusammen die politische Mehrheit, wo wollen Sie denn ansetzen, um etwas für Gütersloh zu bewegen?
BRINKHAUS: Wichtig ist für uns die Modernisierung der Verwaltung.

Das fordert jeder. Was soll konkret passieren?
BRINKHAUS: Wir haben hier ja mit Arvato ein Unternehmen vor Ort, das derzeit in England und in Würzburg Verwaltungen reformiert. Das könnte doch auch was für Gütersloh sein. Dann das Thema Bürgerbüro. Werden dort nur Mitarbeiter in andere Büros gesetzt oder werden auch Prozesse und Abläufe anders strukturiert? Werden wir auch andere Öffnungszeiten zum Beispiel am Samstag und länger in den Abend hinein haben? Und wir brauchen ein Dienstleistungszentrum Wirtschaft, das schnelle Entscheidungen trifft, wenn Unternehmen etwas von der Stadt wollen. Das ist mehr als eine nur ausgebaute Wirtschaftsförderung. Und wir müssen unseren Haushalt weiter konsolidieren.

Wo wollen Sie bei der Konsolidierung ansetzen? BRINKHAUS: Zunächst einmal brauchen wir ein echtes Verwaltungs-Controlling, das überprüft, ob die Dinge effektiv laufen. Dann wissen wir, was wir weglassen können. Da können wir von der Industrie lernen. Zweitens müssen wir schauen, ob wir durch andere Rechtsformen mehr Beweglichkeit bekommen. Das ist uns beim Klinikum durch die Umwandlung in eine gemeinnützige GmbH gelungen. Das wäre auch richtig für die Stadthalle.

Wollen Sie das jetzt politisch anpacken?
BRINKHAUS: Gut ist, dass erst mal die Stadthallen-Geschäftsführung und die des neuen Theaters zusammengeführt werden. Da sind wir ja schon ein gutes Stück vorangekommen. Jetzt steht die Frage der Rechtsform an. Und da favorisiere ich die Form einer GmbH für Theater und Stadthalle zusammen.

Würden sie auch das Klinikum im Fall der Fälle an Private veräußern?
BRINKHAUS: Das steht momentan nicht zur Debatte, und wir werden es auch nicht zur Debatte stellen, weil wir glauben, dass es sehr gut aufgestellt ist und immer besser wird.

Woran machen sie das fest? Viele nehmen das derzeit ganz anders war.
BRINKHAUS: Erst einmal an der medizinischen Qualität. Da kriegen wir auch von den Bürgern sehr positive Rückmeldungen. Wir sind eines der wenigen Häuser, das 2006 keine roten Zahlen geschrieben hat. Wir werden uns durch die Umstellung der Abrechnungssysteme in den nächsten Jahren weiter verbessern und kriegen für die gleichen Leistungen mehr Geld als in der Vergangenheit. Das ist eine Chance. Das Personaltableau entwickelt sich, zum 1. August kommt ein neuer Pflegedienstdirektor und wir haben den Fusionsprozess mit Halle vorangetrieben. Wenn der klappt ist es gut, wenn nicht, wird das Haus auch nicht geschädigt. Es kann auch alleine bestehen. Von daher bin ich optimistisch für das Klinikum.

Ist eine Fusion mit dem St.-Elisabeth-Krankenhaus eine Option für Sie?
BRINKHAUS: Nein, dann hätten wir nur noch ein Krankenhaus und zwar ein katholisches. Dann würde jeder Wettbewerb fehlen. Also keine Fusion, aber höchst mögliche Zusammenarbeit überall da, wo man nicht konkurriert. Dafür stehe ich.

Wie stehen Sie zu einem anderen Großprojekt, dem Theater-Neubau?
BRINKHAUS: Der Fassadenstreit hat mich irritiert. Wir müssen nicht nur darauf achten, dass die Kosten beim Bau des Gebäudes im Rahmen bleiben, sondern auch darauf, dass uns die Betriebskosten später nicht aus dem Ruder laufen. Deshalb muss ich jetzt gucken, wenn ich mich für die eine oder andere Fassade entscheide, was kostet das in Zukunft. Und das die Kosten von 19,5 Millionen Euro eingehalten werden, ist Aufgabe der Bürgermeisterin, denn die hat gesagt, sie schafft das, das Theater mit dem Team der Stadt neu zu bauen. Jetzt ist sie also gefordert und es geht nicht an, dass noch bevor die Ausschreibungen raus sind, die Politik jedes einzelne Detail diskutieren soll. Das ist laufendes Geschäft der Arbeitsgruppe von Stadt und Architekt.

Wie geht’s weiter bei Pfleiderer? Die CDU hat da ziemlich geschwankt.
BRINKHAUS: Wir sind eigentlich sehr konsequent geblieben. Wichtig war erst mal, dass da keine Brache entsteht. Ich habe mit der Überlegung, einen Baumarkt anzusiedeln, einen Stein ins Wasser geworfen. Aber die Idee war immer verbunden mit der Maßgabe, ein attraktives Gesamtpaket zu schnüren. Im ersten Entwurf war dann außer einem riesigen Baumarkt und einem Parkplatz nicht mehr viel übrig geblieben. Da haben wir dann die Reißleine gezogen. Danach hat’s Gespräche mit den Projektentwicklern und Pfleiderer gegeben. Die entwickeln das jetzt nochmals und dann ist mit Mercedes ja auch noch ein externer Interessent gekommen, so dass wir in einer ganz attraktiven Lage sind. Noch viel interessanter für die Stadtentwicklung ist aber das Güterbahnhof-Gelände. Hier sollte die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen. Hier können wir vom Güterbahnhof aus einen Brückenschlag zu dem hoch attraktiven Viertel zischen Carl-Bertelsmann- und Verler Straße und Innenstadt hinbekommen und ein Medienzentrum entstehen.

Glauben Sie wirklich, dass sich dort scharenweise Medienunternehmen ansiedeln werden?
BRINKHAUS: Für Gütersloh spricht, dass es hier viele große spannende Unternehmen gibt, die viele kleine nach sich ziehen können. Zum anderen kann man hier in Gütersloh sehr gut leben. Mit diesem Pfund können wir sehr gut wuchern, tun es aber viel zu wenig.

Tut die Gütersloher Marketing GmbH genug, um das herauszustellen?
BRINKHAUS: Die Marketing GmbH hat einen festen Zeitplan, auf den sich alle Gesellschafter geeinigt haben. Den halten sie ein. Jetzt läuft erst mal die Übernahme der Touristinformation vom Verkehrsverein. Der Bereich Marken-Prägung und Öffentlichkeitsarbeit steht erst für 2008/2009 an. Das liegt alles im Plan, daher gibt es keinen Anlass zur Kritik. Die Fehler liegen hingegen in der Vergangenheit. Die städtische Öffentlichkeitsarbeit hat die Qualität der Stadt nicht genügend herausgestellt, sondern Bürgermeisterinnen-Marketing betrieben.

Das Stadtmarketing kostet die Stadt ein paar hunderttausend Euro und Sie sind zufrieden, dass es im Plan ist?
BRINKHAUS: Wir haben doch in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass wir das Stadtmarketing überfrachtet haben und das ist ja bekanntlich völlig in die Hose gegangen. Deshalb sind wir froh, dass es mit Herrn Weinekötter als Geschäftsführer jetzt in diesen geordneten Bahnen läuft. Und als Realisten sind wir damit voll zufrieden.

Knapp 100 Tage sind sie als Fraktionsvorsitzender im Amt. Wie zufrieden sind sie mit ihrer Arbeit?
BRINKHAUS: Äußerst zufrieden. Die Fraktion brennt im positiven Sinne. Und wir haben es geschafft, frühzeitig einen Bürgermeisterkandidaten aufzustellen, der ein ernsthafter Konkurrent für Maria Unger ist. Heiner Kollmeyer ist ein hoch angesehener Bürger Güterslohs, der auf die Menschen zugehen kann, der aber auch als Landwirt unternehmerisches Denken mitbringt, denn er führt einen relativ großen Betrieb, steht für Innovationen, verantwortet hohe Investitionen und behauptet sich am Markt. Zudem führt er als Kreislandwirt einen großen Verband. Und nicht zuletzt verfügt er als Ratsherr und Vorsitzender des Planungsausschusses über jede Menge politische Erfahrung. Das alles spricht für seine Führungsqualitäten. Daher ist Heiner Kollmeyer für uns Unger plus Mehrwert.

Wie schätzen Sie seine Chance ein, Maria Unger abzulösen?
BRINKHAUS: Mittlerweile bei über 50 Prozent. Das höre ich aus Gesprächen heraus. Es wird einen sehr spannenden Bürgermeisterwahlkampf geben.

Hat der Wahlkampf für Sie bereits begonnen?
BRINKHAUS: Nein, er beginnt für uns mit der offiziellen Nominierung Kollmeyers vom Stadtverband der CDU im Spätsommer 2008.

Wo wollen Sie mit der CDU bis zu den Kommunalwahlen im Jahr 2009 stehen?
BRINKHAUS: Derzeit sind wir als CDU gut aufgestellt. Das gilt es zu halten. Bei großen Projekten wie der Verwaltungsmodernisierung werden wir weiter Druck aufbauen. Wir werden die Fraktion sein, die sich weiter gegen Steuererhöhungen engagiert. Aber auch das Thema Sicherheit ist uns wichtig. Es kann doch nicht sein, dass es hier Fahrraddiebstahl auf einem solch hohen Niveau gibt und Autofahrer keine Navigationssysteme in ihren Autos zurücklassen können. Und wenn die Ursache dafür Beschaffungskriminalität von Drogenabhängigen ist, dann müssen wir auch mal darüber nachdenken, ob es nicht besser ist, Heroin kontrolliert abzugeben. Vernünftiges Wirtschaften steht für uns oben auf der Agenda. Zudem wollen wir Motor der Stadtentwicklung sein und dazu gehören auch die Ortsteile. Und nicht zuletzt werden wir unser umweltpolitisches Profil noch weiter schärfen.

Die CDU will also noch grüner werden? Eine Konzession an den grünen Plattformpartner?
BRINKHAUS: Keine Konzession, sondern bei mir ist das echte Überzeugung, dass wir für die Umwelt gerade auch lokal etwas tun können und müssen. Insofern sind die Grünen und wir da gar nicht so weit auseinander.

Werden die Grünen zum natürlichen Koalitionspartner der CDU?
BRINKHAUS:: Es läuft gut, weil die Chemie stimmt, denn Hans-Peter Rosenthal ist nicht Jürgen Trittin und Wibke Brems nicht Claudia Roth. Und es läuft gut, weil wir offen und ehrlich miteinander umgehen und auch den Mut haben, wenn es an einem Punkt nicht zusammengeht, es alleine oder mit anderen zu machen. Für mich heißt das, wenn wir als CDU 2009 nicht über 50 Prozent kommen, was ja realistisch ist, dann kann ich mir eine weitere Zusammenarbeit mit den Grünen sehr gut vorstellen.

Wie stehen Sie zur Zusammenarbeit mit der SPD, mit deren Ratsmitgliedern Sie sich ja im Rat gerne verbale Auseinandersetzungen liefern?
BRINKHAUS: Ich bin nicht der Sozifresser, für den mich so manche gerne halten, auch wenn ich mich gerne mit den Sozialdemokraten kabbele und die scharfe Auseinandersetzung befürworte. Denn wir arbeiten auch mit der SPD zusammen. Zum Beispiel sind CDU und SPD in puncto Klinikum nah beieinander. Gerade bei großen Entscheidungen ist es wichtig, einen Konsens zu erzielen. Und wichtig bleibt bei aller politischen Kontroverse, dass man sich immer noch in die Augen schauen kann und die persönliche Integrität des anderen nicht verletzt.

Wie viel Prozent holt die CDU 2009?
BRINKHAUS: Ich weiß es nicht, aber wenn ich es mir aussuchen könnte, dann stellen wir 2009 den Bürgermeister mit Heiner Kollmeyer, der mit einer starken CDU mit 40 plus XL-Prozenten und mit einem Plattform-Partner die Arbeit für Gütersloh aufnehmen kann. Dann macht Politik wirklich Spaß, weil wir politisch richtig gestalten können und genau das möchte ich.

Ralph Brinkhaus wurde am 15. Juni 1968 in Wiedenbrück geboren. Aufgewachsen ist er in Rietberg. In Stuttgart/Hohenheim hat Brinkhaus Wirtschaftswissenschaften studiert. Seit 1998 ist er Mitglied der CDU. 2004 wurde er in den Rat gewählt. Er arbeitet in folgenden Ausschüssen: Finanzen, Rechnungsprüfung, Wirtschaft, Arbeit und Soziales. Zudem gehört er dem Klinikums-Ausschuss an. Brinkhaus arbeitet als Steuerberater in Gütersloh. Er ist ledig.



Im Gespräch mit NW-Lokalchef Stephan Brahms.

â€DIE GLOCKE":
CDU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus im Gespräch - „Es geht darum, eine Streitkultur zu schaffen“


Gütersloh (gl). Seit den Osterferien führt Ralph Brinkhaus (39) die 20-köpfige CDU-Fraktion im Gütersloher Stadtrat. Die „Glocke“ sprach mit ihm über Ziele, den neuen Ton im Stadtrat, die Zusammenarbeit mit den Grünen, das Theater, Pfleiderer und den Konrad-Adenauer-Platz.

„Die Glocke“: Herr Brinkhaus, seit Sie den Fraktionsvorsitz übernommen haben, ist der Ton schärfer geworden. Ist das ein Vorgeschmack für die nächsten zwei Jahre bis zur Wahl?
Ralph Brinkhaus: Nicht schärfer, deutlicher. Es geht darum, eine Kultur zu schaffen, in der Dinge beim Namen genannt werden. In anderen Städten findet das auch statt. Man sollte vermeiden, so etwas gleich die Qualität von „gotteslästerlichem“ Handeln zuzusprechen nach dem Motto, wer die Verwaltung und die Bürgermeisterin im Speziellen kritisiert, ist ein schlechter Mensch. Das wird leider von der SPD forciert. Statt mit sachlichen Argumenten zu antworten, wird gesagt, das sei jetzt stillos.

„Die Glocke“: Ist das die Aufgabenteilung? Sie greifen an, und der designierte Bürgermeisterkandidat Heiner Kollmeyer hält sich diskret zurück?
Ralph Brinkhaus: Es geht darum, dass ein Bürgermeister eine stärker integrierende Funktion hat und ein Fraktionsvorsitzender politisch hin und wieder auch mal „Kante“ zeigen muss. Außerdem geht es nicht nur darum, einen Bürgermeister zu wählen, sondern auch darum, mit der Fraktion 2009 möglichst geschlossen in die neue Ratsperiode reinzugehen, und dafür ist es wichtig, dass die Fraktion Profil zeigt..

„Die Glocke“: Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?
Ralph Brinkhaus: Das ganz große Ziel ist natürlich, 2009 eine neue Verwaltungsspitze zu bekommen. Ich glaube, das ist dringend notwendig. Wenn man sich anguckt, wie andere Bürgermeister und Bürgermeisterinnen agieren, wie die immer neue Ideen reinbringen, dann sind wir in Gütersloh nicht entsprechend aufgestellt. Nach 15 Jahren tut es gut, wenn frischer Wind reinkommt.

„Die Glocke“: Die hauptamtliche Bürgermeisterin gibt es erst seit 1999 . . .
Ralph Brinkhaus: Die ketzerische Frage ist, inwiefern hat sie die Möglichkeit überhaupt genutzt, zu steuern. Die eine Hälfte ihrer Arbeitsplatzbeschreibung erfüllt sie sehr gut. Sie ist ein Mensch, der auf andere Menschen zugehen kann, der eine sehr große Herzlichkeit hat. Aber das sind 50, eher 40 Prozent. Die anderen 60 Prozent liegen in der Führung eines Unternehmens, denn die Verwaltung ist eigentlich schon ein Großkonzern, wenn man alles mit einrechnet wie das Klinikum, die Stadtwerke und die Kindergärten.

„Die Glocke“: Was fehlt Ihnen?
Ralph Brinkhaus: Wir sind der Auffassung, dass sich die Bürgermeisterin mehr engagieren könnte. Dazu gehört auch, dass sie dahin geht, wo es wehtut, also auch unpopuläre Entscheidungen trifft und nicht immer im Konsens mit der ganzen Stadt und den Mitarbeitern liegt. Die Bürgermeisterin ist Verwaltungsleiterin und trägt die Verantwortung für das, was in der Verwaltung passiert. Wenn ich sehe, dass etwas nicht klappt wie bei der Stadthalle, dann muss ich das an mich ziehen. Da verweigert sie sich.

„Die Glocke“: Weitere Ziele als Fraktionschef?
Ralph Brinkhaus: Wir wollen unsere personellen Stärken auch umsetzen. Wir haben mit Heiner Kollmeyer jemanden auf den Schild gehoben, der die Stadt sehr gut führen kann. Wir haben aber auch sehr gute Politiker in den Ortsteilen. Da geht es einfach darum, das Zusammenspiel gut zu koordinieren und in politische Impulse umzuwandeln.

„Die Glocke“: Welche inhaltlichen Schwerpunkte setzen Sie?
Ralph Brinkhaus: Die Umwelt ist keine Eintagsfliege, sondern ein großes Thema, das wir mit den Grünen haben. Unser Antrag zur energetischen Gebäudesanierung hat auch überregional für Aufsehen gesorgt. Wir können in Gütersloh nicht die Welt retten, aber unseren Anteil dazu leisten. In Vorbereitung sind Anträge zur papierfreien Kommunalpolitik und zu weniger Stand-by-Betrieb von Geräten in der Verwaltung. Außerdem wollen wir darauf achten, neue Wohngebiete solartauglich zu machen.

„Die Glocke“: Klingt, als wollten Sie den Grünen den Rang ablaufen . . .
Ralph Brinkhaus: Nein. Nachhaltigkeit war für uns schon immer ein Thema, schon durch unsere Landwirte Heiner Kollmeyer und Gerhard Piepenbrock. Ein weiteres Thema, das die Bürger bewegt, ist das Thema Sicherheit. Wem einmal ein Fahrrad geklaut worden ist, dem stinkt das einfach. Und wer lässt in Gütersloh noch sein Navigationssystem im Auto, wenn er es abstellt. Trotzdem sind wir in Gütersloh noch vergleichsweise sicher. Das soll aber auch so bleiben.

„Die Glocke“: Die Stadt hat wieder mehr Geld. Eröffnet das neue Spielräume?
Ralph Brinkhaus: Erstens müssen wir uns darauf verständigen, dass wir nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen. Zweitens müssen wir es schaffen, die kommunalen Steuern konstant zu halten. Wenn wir bessere Einahmen haben, dürfen wir das Geld nicht dafür verwenden, vermeintliche Wohltaten zu streuen, sondern müssen die Bilanz konsolidieren und die Verschuldungsquote senken.

Entwurf für Adenauer-Platz überzeugt

„Die Glocke“: Ist die Plattform mit den Grünen ein dauerhaftes Projekt?
Ralph Brinkhaus: Auf alle Fälle bis zum Ende der Ratsperiode. Man muss gucken, wie 2009 die Mehrheitsverhältnisse sind. Mit den handelnden Personen können wir uns durchaus vorstellen, dass das etwas für länger ist. Als Partei möchten wir am liebsten die absolute Mehrheit. Aber ich denke, das ist unrealistisch, schon weil das Wahlrecht uns einen Strich durch die Rechnung macht. Wir werden auch 2009 keine Fünf- Prozent-Hürde haben.

„Die Glocke“: Wie gehen Sie mit strittigen Themen um, etwa einem Gewerbegebiet mit Verl?
Ralph Brinkhaus: Wenn wir keinen gemeinsamen Nenner finden, kommunizieren wir das. Das ist der Charme einer Plattform. Im Bereich Gewerbeflächen liegen wir nicht so weit auseinander.

„Die Glocke: Gibt es einen gemeinsamen Nenner bei der Kandidatur von Heiner Kollmeyer?
Ralph Brinkhaus: Wir haben nicht gefragt. Wir haben einen starken Kandidaten aufgestellt, und jetzt muss man gucken, ob er auch für andere interessant ist.

„Die Glocke“: Im März haben Sie den Baumarktplänen und einem Möbelmarkt auf dem Pfleiderer- Gelände an der Holzstraße eine Absage erteilt. Dort soll nur Gewerbe angesiedelt werden. Jetzt hat Mercedes Benz Interesse an einem Teil der Fläche bekundet, mithin Einzelhandel. Wäre das für die CDU eine Option?
Ralph Brinkhaus: Ja klar. Mercedes Benz wäre ein guter Anker für das gesamte Gebiet. Fakt ist, es ist ein Privatgrundstück, es gehört Pfleiderer, und die Firma Pfleiderer trifft die Entscheidung. Wir können nur sagen, wir wollen keinen Baumarkt und kein Outlet-Center, aber wir wollen auch nicht in Grundstücksverhandlungen eingreifen.

„Die Glocke“: Aber Sie haben mit Ihrem Auftrag die Stadt in die Pflicht genommen . . .
Ralph Brinkhaus: Wir wollen mit den handelnden Protagonisten eine Lösung erzielen. Die Stadt hat die größere Aufgabe auf dem Areal des Güterbahnhofs, weil das städtebaulich eine sehr interessante Immobilie ist.

„Die Glocke“: Vor kurzem sind die Wettbewerbsentwürfe für den Konrad-Adenauer-Platz vorgestellt worden. Rechnen Sie mit einer erneuten Diskussion?
Ralph Brinkhaus: Nein.

„Die Glocke“: Das heißt, der Entwurf des Wettbewerbssiegers wird umgesetzt?
Ralph Brinkhaus: Wir haben das in der Fraktion noch nicht beraten, aber ich denke, da wird es keine Widerstände geben. Was mir sehr gut gefällt, ist die Verschiebung der Parkplatzsituation auf die Berliner Straße, die an der Stelle wirklich sehr breit ist. Die Herausforderung ist, diesen Platz dann mit Leben zu erfüllen.

„Die Glocke“: Wie?
Ralph Brinkhaus: Über Veranstaltungen. Dort könnte im Sommer Open-Air-Kino stattfinden und nicht nur Public Viewing zur Fußball-WM oder Europameisterschaft.

„Die Glocke“: Auch das neue Bürgerbüro bringt Frequenz.
Ralph Brinkhaus: Wenn wir demnächst ein Bürgerbüro aufmachen, darf es kein Tabuthema sein, insbesondere dann zu öffnen, wenn die „Kunden“ Zeit haben. Meines Erachtens dürfte es kein Problem sein, dass man sich auch samstagmorgens im Bürgerbüro seinen Pass abholt. Es ist ja nicht so, dass das gesamte Rathaus dann arbeiten muss.

Das Theater muss gut werden

„Die Glocke“: Sie galten bisher nicht als Freund eines Theaterneubaus. Jetzt müssen sie ihn als Fraktionschef mit umsetzen . . .
Ralph Brinkhaus: Wir haben uns entschieden, dieses Theater zu bauen, und da ist es ganz egal, wie man vorher dazu gestanden hat. Jetzt muss das Ding einfach gut werden und alle an einem Strang ziehen. Wir müssen eine ähnliche Begeisterung für dieses Haus wecken, wie es sie momentan in Rietberg bei der Landesgartenschau gibt, wo die ganze Stadt bis in die Ortsteile hinein an dem Projekt mitarbeitet. Wichtig ist, dass es ein Theater für alle wird, und dass nicht nur das Landestheater Detmold zum 25. Mal den Hamlet aufführt, sondern auch innovative Kulturformen stattfinden, in denen sich auch Jugendliche wiederfinden und Leute, die sich mehr zu Musical und Unterhaltungskultur hingezogen fühlen. Es muss ein Haus sein für alle Gütersloher.

„Die Glocke“: Welche Lösung soll für die Fassade gefunden werden? Aus Kostengründen ist ja anstelle der Metall- eine Putzfassade im Gespräch.
Ralph Brinkhaus: Da müssen noch Hausaufgaben gemacht werden. Man muss gucken, wie die Folgekosten sind und nicht nur, was der Preis für den Bau ist. Wie sieht es energetisch aus? Muss so eine Fassade alle zehn Jahre verzinkt werden? Wir werden nach der Sommerpause eine Entscheidung treffen, dass das Theater zum geforderten Highlight wird. Zwischen Metallfassade und Putzfassade gibt es noch verschiedene Möglichkeiten. Ich bin davon überzeugt, dass der Architekt Jörg Friedrich und Frau Unger eine Lösung hinbekommen, die finanziell tragbar ist. Wir haben gesagt, wir können das Theater im Rahmen eines Public-Private-Partnership- Modells bauen lassen. Die Bürgermeisterin hat aber gesagt, dass könne die Stadt selbst. Daran muss sich die Arbeitsgruppe von Stadt und Architekt nun messen lassen, ob sie das schafft, dass da am 1. September 2009 ein schönes Theater steht. Es ist nicht Aufgabe der Politik, über jede Heizungsverkleidung eine neue Beschlussfassung herbeizuführen.

„Die Glocke“: Unter welchen Voraussetzungen würden Sie eine Metallfassade befürworten?
Ralph Brinkhaus: Das sie schön und zeitlos ist. Und sie muss sich von den Folgekosten her rechnen.

„Die Glocke“: . . . die laut Bauverwaltung bei einer Putzfassade höher sein sollen . . .
Ralph Brinkhaus: Wir sollten das Thema Metallfassade nicht allzu hoch hängen, daran sollte das Theaterprojekt nicht festgemacht werden. Es sollte daran festgemacht werden, inwieweit wir es auch schaffen, dieses Haus mit kulturellem Leben zu füllen, so dass es wirklich ein Haus wird, von dem jeder Gütersloher etwas hat, angefangen bei Kindern bis hin zu Senioren.

Zur Person
Ralph Brinkhaus (39) ist im März bei zwei Nein-Stimmen als Nachfolger von Rudolf Bolte (59) zum Vorsitzenden der CDUFraktion im Gütersloher Stadtrat gewählt worden. Brinkhaus gehört der Fraktion seit der Kommunalwahl 2004 an, wo er im innerstädtischen Wahlbezirk 60 direkt gewählt wurde. Mit 39 Jahren zählt er zu den jüngsten Ratsmitgliedern der CDU. Als Sprecher der Fraktion gehört er dem Finanzausschuss an, außerdem sitzt der Steuerberater im Rechnungsprüfungs-, im Wirtschaftsund Sozialausschuss sowie im Klinikumsausschuss. Für die Kreis-CDU führt er die Kasse. Brinkhaus ist nicht verheiratet, hat aber eine Lebensgefährtin. Zu seinen Hobbys zählt er Laufen, vorzugsweise an der Dalke. Brinkhaus wuchs in Mastholte auf und besuchte das Rietberger Gymnasium. Es folgte eine Ausbildung bei der Robert Bosch GmbH zum Diplom-Betriebswirt (BA) und ein wirtschaftswissenschaftliches Studium an der Universität Hohenheim. Nach Stationen in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und in der Industrie machte er sich Anfang 2004 in Gütersloh selbstständig.

Gerit Dinkels, Lokalchef der "Glocke".