Weberei zieht die Reißleine - Kulturzentrum einigt sich mit Geschäftsführer und stellt Insolvenzantrag (09.01.07)

Zum Insolvenzantrag der "Weberei" berichtet das Westfalen Blatt unter obiger Überschrift:
Von Peter Bollig
Gütersloh (WB). Obwohl sich die Weberei mit dem geschassten Geschäftsführer Andreas Voßhenrich-Werner nun außergerichtlich geeinigt hat, hat das Kulturzentrum gestern überraschend einen Insolvenzantrag gestellt. In einer Versammlung am Abend wurden darüber auch die Mitarbeiter informiert.
Die Versammlung sollte die Mitarbeiter beruhigen, wie Geschäftsführerin Dörte Roschinski im Vorfeld erklärte: Zunächst für die nächsten drei Monate seien die Gehälter durch das Insolvenzgeld gesichert, zudem sei beim Amtsgericht ein Antrag auf einstweilige Weiterführung der Geschäfte gestellt worden. Mit anderen Worten: Die Weberei macht mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter, die Entscheidung trifft der noch zu bestellende Insolvenzverwalter.

»Obwohl seit 2004 wieder Gewinne erwirtschaftet werden konnten, die einem steten Schuldenabbau zugeflossen sind, übersteigen die aufsummierten Schulden das Vereinsvermögen. Da sich in den vergangenen Jahren zeigte, dass neben dem Schuldenabbau kaum Gelder für besonders dringende Renovierungsarbeiten oder gar Investitionen aufgebracht werden konnten, konnte die Arbeit unter den bestehenden Bedingungen nun nicht mehr fortgesetzt werden«, heißt es in einer Erklärung der Weberei. 23 fest angestellte Mitarbeiter und etwa 60 Aushilfen sind von dem Insolvenzantrag betroffen.

Obwohl Kulturdezernent Andreas Kimpel, der die Verhandlungen zwischen Weberei und Andreas Voßhenrich-Werner in den vergangenen Wochen moderiert hatte, gestern betonte, die Insolvenz sei nicht unmittelbare Folge der außergerichtlichen Einigung zwischen den Parteien, wurden die Zahlungen an den früheren Weberei-Chef und die Insolvenz offenbar dennoch in den Gesprächen gleichermaßen beraten. »Es ging zum einen um die Vergangenheit und damit um die Lösung im Streit mit Voßhenrich-Werner, zum anderen um die Zukunft der Weberei«, sagte Kimpel. Und für die Zukunft, so ließ Kimpel aus den Gesprächen erkennen, sei die Insolvenz der richtige Weg. »Es kommt der Tag, an dem man Farbe bekennen muss«, angesichts des Schuldenberges müsse man irgendwann die Reißleine ziehen. Durch die eingeleiteten Schritte eröffneten sich neue Perspektiven für das Kulturzentrum, die Insolvenz sei »die Voraussetzung für das Zukunftsfundament der Weberei«, so der Kulturdezernent weiter. Kimpel: »Die Weberei muss nun aber die nächsten Schritte gehen.« Damit meint er den Übergang in eine privatrechtliche Gesellschaftsform, »begleitet von einem Förderverein«. Schon vor längerer Zeit hat Kimpel eine gemeinnützige GmbH ins Gespräch gebracht, die den Weberei-Verein als Träger ablösen soll.

In welcher Höhe und über welchen Zeitraum Voßhenrich-Werner aus seinen Gehaltsforderungen Geld bekommen wird, darüber wahrten die Beteiligten unterdessen Stillschweigen, gaben aber bekannt, dass das Arbeitsverhältnis nun zum 31. Oktober 2006 nachträglich beendet wurde. Ausstehende Prozesse sind vom Tisch, die Weberei rückt vom Vorwurf, Voßhenrich-Werner habe sich in seiner Geschäftsführung strafbar gemacht, ab. Und er darf die Weberei wieder besuchen: Nachdem ihm ein Hausverbot erteilt worden war, freue man sich, ihn künftig wieder »als Gast begrüßen zu dürfen«. Rund 250 000 Euro an Gehaltsforderungen haben sich angehäuft, seit der Vorstand um Sprecherin Hanne Heudtlass den Geschäftsführer vor drei Jahren entlassen hatte - neben Schulden etwa bei Banken steht die Weberei auch beim Finanzamt mit 150 000 Euro in der Kreide.

Andreas Kimpel erwartet, dass die Entscheidung über eine neue Strukturierung in Kürze erfolgen wird. Dass die Stadt die Weberei in Zukunft weiter finanziell unterstützen wird, darüber habe er keinen Zweifel. Im Haushaltsplanentwurf sind bereits 160 000 Euro als städtischer Zuschuss für die Weberei eingestellt worden, im März wird der Haushalt verabschiedet. Damit sind diejenigen, die über die Zukunft der Weberei entscheiden, im Zugzwang. Denn, so Kulturdezernent Kimpel, die Entscheidung über die zukünftige Arbeit der Weberei sei maßgeblich für die Entscheidung über die öffentliche Förderung.